Warum treten so viele Fehler in IFUs auf?
Gebrauchsanweisungen (IFUs) für Medizinprodukte gehören zu den am häufigsten beanstandeten Dokumenten in MDR-Audits. Der Grund: Sie müssen technische Inhalte, Risikomanagement, Usability, klinische Bewertung und Übersetzungsanforderungen miteinander verbinden.
Die folgenden Fehler treten besonders häufig auf – und lassen sich mit klaren Prozessen zuverlässig vermeiden.
Die häufigsten Fehler in IFUs
1. Warnhinweise nicht risikobasiert (ISO 14971)
Warnhinweise werden oft „aus Bauchgefühl“ geschrieben. Die MDR verlangt jedoch eine klare Ableitung aus der Risikodatei – inklusive Gefahrenquelle, Risiko und Maßnahme.
2. Unklare oder doppeldeutige Formulierungen
Unscharfe Sprache, Passivkonstruktionen und unkonkrete Anweisungen („falls möglich“) führen zu Fehlbedienungen und Auditabweichungen.
3. Keine Konsistenz mit Labeling & Risikomanagement
Abweichungen zwischen IFU, Etikett und Risikodatei gelten als schwerwiegende Mängel.
4. Fehlende oder missverständliche Abbildungen
Grafiken sind oft nicht beschriftet, nicht nummeriert oder spiegeln die realen Produktschritte nicht korrekt wider.
5. Falscher Einsatz von Symbolen (ISO 15223-1)
Häufige Fehler: falsche Symbole, veraltete Normversion oder fehlende Erklärungen in der IFU.
6. Schrittfolgen nicht logisch aufgebaut
Anwender müssen die Schritte intuitiv nachvollziehen können. Unklare Reihenfolgen sind ein Usability-Verstoß (IEC 62366-1).
7. Fehlende Validierung der Aufbereitung (ISO 17664)
Angaben zu Reinigung, Desinfektion und Sterilisation müssen valide, reproduzierbar und vollständig sein.
8. Übersetzungsfehler
Dazu gehören:
- uneinheitliche Terminologie
- zu wörtliche Übersetzungen
- falsche Warnhinweisformate
- alte Texte, die nicht versioniert wurden
9. Nicht zielgruppengerechte Sprache
IFUs müssen sowohl Laien als auch Fachanwendern klar verständlich sein.
10. Fehlende Versionierung & Dokumentation
Jede IFU muss klar versioniert sein, inklusive Änderungsdokumentation und Datum der Freigabe.
Wie vermeidet man diese Fehler?
- Risikobasierte Ableitung aller Warnhinweise
- Konsistenzprüfung zwischen IFU, Labeling & Risikomanagement
- Professionelle Redaktion mit normgerechter Sprache
- Abbildungen präzise, nummeriert & produktnah gestalten
- Korrekte Symbolverwendung gemäß ISO 15223-1
- Usability-Tests (Formativ & Summativ) einbeziehen
- Validierte Aufbereitungsprozesse dokumentieren
- Fachübersetzer + Terminologiemanagement nutzen
- klaren Review- und Freigabeprozess einhalten
Die meisten Fehler lassen sich durch strukturierte Prozesse und saubere Dokumentation vollständig vermeiden.
Welche Folgen haben Fehler in IFUs?
- Auditabweichungen bei Benannten Stellen
- Verzögerungen bei der Zulassung
- erhöhtes Risiko für Fehlbedienungen
- Produkthaftungsrisiken
- Rückrufe oder Korrekturmaßnahmen (FSCA)
Eine gute IFU ist nicht nur ein Dokument – sie ist eine risikomindernde Maßnahme im Gesamtsystem.