Warum ist Gebrauchstauglichkeit so wichtig?
Die Norm IEC 62366-1 verpflichtet Hersteller von Medizinprodukten, ein systematisches Usability Engineering durchzuführen. Ziel ist es, Anwendungsfehler zu vermeiden, die zu Patienten- oder Anwendergefährdungen führen können.
Ein wesentlicher Bestandteil der Gebrauchstauglichkeit ist die Anleitung zur sicheren Nutzung. Die IFU ist ein Schlüsselelement des Usability-Nachweises und muss die Erkenntnisse des Usability Engineering korrekt abbilden.
- Verbesserung der Anwendersicherheit
- Reduktion von Fehlbedienungen
- Korrekte Umsetzung der Risikokontrollmaßnahmen
- Erfüllung von MDR- und Normanforderungen
Was verlangt die IEC 62366-1 für die Anleitung?
Die Anleitung muss den Anwender klar, verständlich und vollständig durch alle sicherheitsrelevanten Schritte führen. Folgende Inhalte sind für die Gebrauchstauglichkeit unerlässlich:
1. Zielgruppe & Anwenderprofil
Die Anleitung muss verständlich sein für:
- Laien (Patienten, Angehörige)
- Pflegepersonal
- medizinische Fachanwender
- Spezialisten (z. B. Chirurgen)
2. Nutzungsumgebung
Die Anleitung muss Anforderungen der jeweiligen Umgebung berücksichtigen:
- OP-Umgebung
- Intensivstation
- Praxis / Klinik
- Heimgebrauch
3. Kritische Benutzeraufgaben
Alle sicherheitsrelevanten Aufgaben müssen klar beschrieben werden, z. B.:
- Montage & Inbetriebnahme
- Dosierung
- Energieversorgung / Akkuwechsel
- Alarmreaktionen
- Reinigung & Aufbereitung
4. Risikobasierte Informationen
Die Anleitung muss alle Risikokontrollmaßnahmen aus der ISO 14971 korrekt wiedergeben.
5. Schritt-für-Schritt-Anleitungen
Klare, logische, nummerierte Schritte reduzieren die Fehlerwahrscheinlichkeit.
6. Grafische Unterstützung
Die IEC 62366-1 empfiehlt ausdrücklich die Nutzung von:
- Abbildungen
- Piktogrammen
- Schrittvisualisierungen
- Hervorhebungen für kritische Tätigkeiten
Wie fließen Usability-Ergebnisse in die Anleitung ein?
Oft entsteht die Frage: „Was genau aus dem Usability Engineering muss in die Anleitung?“ Die Antwort: Alles, was für die sichere Bedienung relevant ist.
- Erkenntnisse aus Formative & Summative Tests
- kritische Fehlerpunkte nach Benutzerstudien
- Anpassungen aus der Gebrauchstauglichkeitsanalyse
- Ergebnisse aus Risikokontrollmaßnahmen
- optimierte Schrittfolgen nach Testauswertungen
Damit erfüllt die Anleitung ihren Zweck im Gesamtsystem der Gebrauchstauglichkeit.
Typische Fehler in Anleitungen – laut Benannten Stellen
- Warnhinweise nicht risikobasiert
- fehlende kritische Benutzeraufgaben (z. B. falsche Reihenfolge)
- Textlastige, schwer lesbare Abschnitte
- Grafiken ohne Bezug zum Handlungsschritt
- keine Konsistenz zwischen IFU, Labeling und Risikodatei
- fehlende Praxistests – Usability muss nachweisbar sein
Diese Fehler führen zu MDR-Audits, Rückfragen oder Verzögerungen in der Zulassung.
Best Practices für Hersteller
- Nutzung leicht verständlicher Icons & Abbildungen
- klar nummerierte Schrittfolgen
- konsequenter Einsatz von Warn- & Vorsichtshinweisen
- einfache Sprache (auch für Fachanwender wichtig)
- engen Austausch zwischen Redaktion, RA & Usability-Team
- Anleitung im Usability-Test mitprüfen
Eine verständliche Anleitung ist ein zentraler Bestandteil der MDR-Konformität und erhöht nachweislich die Sicherheit im realen Gebrauch.